Mehr und weniger erwartbare Erfolge

von Martin

Sommer und Spätsommer sind vorüber, das trübe Herbstwetter und die frühe Dunkelheit laden zum Verweilen drinnen ein. Man muss also kein schlechtes Gewissen haben, wenn man statt draußen zu toben in einem Speisesaal hockt und Schach spielt. Die richtige Zeit, um die Jugend-mannschaftsmeisterschaftssaison einzuleiten.

Den Auftakt macht die Altersklasse U12, in der sich im Bezirk Chemnitz inzwischen erfreulicherweise wieder mehr Teams angemeldet hatten als nach der Coronazeit. Immerhin 12 Mannschaften von 7 Vereinen spielten mit. Auch Aufbau war diesmal mit 2 Trupps am Start.

Die erste Mannschaft – in dieser Zusammensetzung bei der U10 in der vorletzten Saison immerhin Vizesachsenmeister und Teilnehmer an der DVM in Düsseldorf – war im Teilnehmerfeld durchaus als Favorit anzusehen. Mika, Leopold, Charlie und Timur haben jeder für sich und auch zusammen als Mannschaft schon so manches tolle Ergebnis geholt.

Die Spannung vor der ersten Runde am Samstag ist mit Händen zu greifen

 

Die zweite, jüngere Mannschaft setzte sich aus Antonin, Sascha, Lucas und Felix zusammen. In der ersten Runde wurde für das vorzuspielende, interne Duell noch kurzerhand Till als Vertretung rekrutiert. Obwohl es fast durchweg U10-Spieler sind, konnten sie sich von den Wertzahlen her immerhin erhoffen, in der vorderen Hälfte mitzuspielen.

Zweite Mannschaft, jung und schon richtig gut

In der vorgespielten Auftaktrunde wurde die interne Rangfolge klar festgelegt. Ein deutliches 4:0 der „alten Hasen“ stand am Ende im Spielberichtsbogen. Hervorzuheben ist die Partie zwischen Leopold und Sascha, welche deutlich über zwei Stunden dauerte und beide Protagonisten an ihre Grenzen brachte. Ein echter Kampf.

Aber richtig los geht das Turnier ja erst am Spielwochenende mit zweimal drei Runden gegen die anderen Vereine. Norman und ich reisten also mit unseren acht Jungs und dem best- bzw. schlechtestmöglichen Startpunktkonto in die Plauener Karl-Marx-Grundschule.

Das Rennen um den letzten freien Parkplatz direkt vor Ort gewann ich, aber Norman ist ja als erfahrener Marathonläufer ohnehin besser zu Fuß und kann ruhig etwas weiter weg parken. Gespielt wurde in der Grundschulcafeteria, daneben war die Turnhalle für den Ausgleichssport zwischen den Runden geöffnet, wo wir den Aufbau-Analyseturnhocker aufgebaut hatten.

40% des Analyseturnhockers, 100% Schachbegeisterung

 

Für die erste Mannschaft ging es nun darum, den vorderen Platz durch Siege gegen die anderen gut gestarteten Mitbewerber zu verteidigen. Aufbau 2 musste erstmal die Aufholjagd starten, bekam dafür aber die vermeintlich leichteren Gegner mit unerfahreneren Spielern zuerst.

Der Samstag lief ergebnistechnisch optimal. 4:0, 4:0, 3:1 für die erste Mannschaft gegen den späteren Turnierdritten aus Zwickau, die zweite Mannschaft (von vier) der Gastgeber aus Plauen sowie das von der DWZ her mit am höchsten gesetzte Flaggschiff der USG Chemnitz.

Und auch Antonin, Sascha, Lucas und Felix marschierten im Gleichschritt mit. Ebenfalls 4:0, 4:0, 3:1 gegen Frankenberg, USG 2 und Zwickau (die im Turnier alle anderen Runden außer gegen uns gewannen). Zwischenstand nach dem Samstag: Platz 1 und 3, wobei besonders für unser B-Team damit im „Schweizer Gambit“ am letzten Turniertag die schwersten Gegner kommen würden.

Die Auftaktrunde am Sonntag gegen König Plauen 1 gestaltete sich für die erste Mannschaft deutlich schwieriger als erwartet. Zwar konnte Leopold sicher gewinnen, Timur verlor aber seine Partie. Mika konnte die unsaubere Eröffnung der Gegnerin für eine sehr gute Stellung nutzen, einige wenige Fehler aber wendeten das Blatt und er stand auf Verlust. Auch Charlie musste ums Überleben kämpfen und hatte weniger Material (und zwar einen ganzen Turm). Eine Niederlage würde dafür sorgen, dass voraussichtlich die Brettpunkte in den letzten beiden Runden über die Platzierung entscheiden würden…

Charlie kam aus dem Spiellokal – und hat GEWONNEN?! Mit Riesendusel konnte er einen Fehler des Gegners nutzen und diesen überraschend auf der Grundreihe matt setzen. Mika hatte sich mit seiner inzwischen oft bewiesenen Zähigkeit und dank einiger unsauberer Züge der Gegnerin im Läuferendspiel den Minusbauern zurückgeholt und stand nun wieder sehr gut. Jetzt konnte er sogar gefahrlos auf Sieg spielen. Doch im Sinne der Mannschaft und wohl auch wegen der geringen Restbedenkzeit (noch 8 min ohne Inkrement) nahm Mika das zweite Remisangebot an. Den Kopf doch noch mal aus der Schlinge gezogen und den, abgesehen von ihren Vereinskollegen, ärgsten Verfolger mit dem 2½ zu 1½ – Sieg weiter distanziert.

Ebenjene Vereinskollegen konnten ihre Runde gegen Niederwiesa trotz einer Niederlage von Antonin 3 zu 1 gewinnen und standen damit schon auf Platz 2 der Live-Tabelle. In der nächsten Runde wurden kurzerhand die Gegner getauscht. König Plauen 1 hatte unsere Großen schon am Rande der Niederlage, da war für unsere Kleinen nichts zu holen, oder?

Weit gefehlt! Ob der Gegner nun von der Runde davor erschöpft oder nach der vergebenen Siegchance demoralisiert war, Lucas und Felix kamen recht schnell mit vollen Punkten raus. Antonin zeigte seinem größeren Bruder mal, wie man aus der Eröffnung heraus gewinnt und überrollte die Gegnerin, nachdem er deren Fehler in erneut „unkonventioneller“ Eröffnung konsequent ausgenutzt hatte und in der Folge mit viel Druck auf Sieg spielte, auch wenn die erste Mattgelegenheit nicht gesehen wurde. Ein 3 zu 1 – Sieg, der so viel Freude spendete, wie er Spannung nahm. Denn da die erste Mannschaft Niederwiesa ohne große Probleme mit 4 zu 0 besiegte, standen unsere Jungs vor der letzten Runde schon als Bezirksmeister bzw. -vizemeister fest!

Während es also für die anderen Vereine um die verbleibenden 2 Plätze für die Sachsenmannschaftsmeisterschaftsvorrunde (langes Schachtelwort im Bericht – Check) kämpften, ging es in der letzten Runde nur noch um die Titel als Brettbeste und natürlich um schönes Schach. Der ersten Mannschaft waren die Gegner aus dem oberen Tabellenbereich inzwischen ausgegangen, Reichenbach konnte nicht viel entgegen setzen und wurde ebenfalls 4:0 besiegt. In 7 Runden haben Mika, Leopold, Charlie und Timur damit nur 2½ von 28 zu vergebenden Brettpunkten abgegeben.

Die von den Spielverläufen her verdiente 1 zu 3 Niederlage der Zweitvertretung konnte für das Endtableau keine Änderungen mehr bringen, zumindest Sascha konnte das Turnier damit noch mit einem persönlichen Erfolgserlebnis beenden. Behängt mit ordentlich Edelmetall traten wir die Heimreise an.

Bezirksmeister: Norman, Timur, Charlie, Leopold und Mika

 

Vizemeister Antonin, Sascha, Lucas, Felix, Till (Abb. ähnl.)

 

Wen soll man hier besonders hervorheben? Mika zeigt eine für sein Alter enorme schachliche Reife, die eine dominante Vorstellung am ersten Brett schon als Selbstverständlichkeit erscheinen lässt. Leopold und Charlie ließen keine Luft ran und haben alle ihre Partien gewonnen. Timur als jüngster in der Siegermannschaft hat oft gezeigt, dass er seinen Gegnern spielerisch überlegen ist, auch wenn in der Eröffnung mal etwas nicht gut gelaufen ist.

Antonin hat sich am ersten Brett gegen die stärksten Gegner wacker geschlagen und besonders, aber nicht nur, gegen König Plauen 1 eine tolle Partie aufs Brett gezaubert. Sascha war eine sichere Bank auch gegen erfahrene Vereinsspieler. Lucas schafft es immer besser, die Partien seriös durchzuziehen und nicht zu sorglos anzugehen. Felix hat in seinem ersten Turnier und noch ohne Wertzahl gleich den Titel des besten 4. Bretts abgestaubt. Und natürlich ist auch Till nicht zu vergessen, der sich im vereinsinternen Duell kurzerhand Timur gestellt hat, als spontan ein weiterer Spieler gebraucht wurde.

Auf gar keinen Fall vergessen sollten wir unsere Trainer, die den Spielern die Werkzeuge in die Hand geben, um hier fast allen Gegnern spielerisch voraus zu sein und selbst mit in der Eröffnung verlorenen Figuren gute Chancen zu haben, um die Partie zu drehen. Danke Kay! Und Norman hat sich ein Sonderlob verdient. Das ganze Wochenende mit den Jungs unterwegs, erkenntnisreich analysierend, ermutigend und lobend, wo es angebracht ist, erdend, wo es nötig ist, war er wieder die Seele der kleinen Truppe, die den Erfolg erst möglich macht. Zum Dank hat er auch endlich einmal eine Medaille bekommen, nein sogar Gold und Silber baumelten um seinen Hals.

In der nächsten Runde, der Zwischenrunde der Sachsenmannschaftsmeisterschaft, hat sich unser erstes Team damit das Heimrecht erkämpft und spart sich den Reisestress. Und die zweite Mannschaft darf dann in der nächsten Runde auch den Dresdnern und Leipzigern zeigen, dass mit ihnen zu rechnen ist.

Und so ist die Aussicht von oben

Achtung, der kommt flach: egal, wie viele man ihnen rausschlägt, Plauen hat immer noch einen Turm