von Norman
Wenn auf dieser Seite zuletzt die Namen Czäczine oder Zielke auftauchten, war sehr oft von Erfolgen im Jugendbereich die Rede: BEM, BMM, DVM, JEM, SMM, DEM – diverse Kombinationen dreier Buchstaben, wobei ein abschließendes M obligatorisch ist.
Nicht so hier!
Denn – Trommelwirbel… – Anne hat das 26. Open in Leutersdorf gewonnen! Deshalb dreht sich dieser Bericht ganz um sie und alle anderen Spieler unserer insgesamt neunköpfigen Aufbau-Delegation werden an passender Stelle eingebettet.
Zunächst die Links zu den Ergebnissen:
https://www.scoberland.de/turnier
https://www.scoberland.de/25-miniopen-des-oberkretscham-leutersdorf
https://chess-results.com/tnr893267.aspx?lan=0&art=4
Am Abend des Valentinstags navigierte Anne einen gelegentlich die elektronischen Abbiegeanweisungen überhörenden Fahrer sicher ins kleine Leutersdorf. Damit waren auch Laura, Leonore, Paula und Timea wohlbehalten angekommen. Bezogen wurde ein uriges Umgebindehaus mit Ofenheizung. Zum Glück war ja nicht wirklich Winter.
Antonin, Marek, Martin und Mika hatten zusammen mit Anja etwa zeitgleich in einer umgebauten Scheune Quartier bezogen. Die erste Doppelrunde am 15.02. konnte kommen.
Begrüßt wurden die Schachspieler jeden Morgen von einer auf dem Feld grasenden Herde Rehe.
Im Hauptturnier starteten 67 Spieler, davon zwei FMs. Pech für Martin, dem noch eine Partie zur Erlangung einer DWZ fehlte und dessen Nachname bei alphabetischer Sortierung einen nicht zu leugnenden Nachteil aufweist – kampflos. Dafür durfte Laura an Brett 1 ran. Während die Partien begannen, gingen Timea und ich mit Anja, Martin und Antonin (das Miniopen mit 31 Teilnehmern begann erst am Nachmittag) einkaufen. Gerade den Supermarkt betreten, vernahm ich plötzlich Annes Stimme. Ein Traum? Beginnende Altersverwirrtheit? Nein.
Was war passiert? Anne hatte einen talentierten Jugendspieler (10 Jahre, DWZ bereits über 1500) in sechs Zügen matt gesetzt: 1.e4 c6 2.Sc3 d5 3.Sf3 dxe4 4.Sxe4 Sf6 5.De2 Sbd7 6.Sd6# Kurios.
Fröhlich suchten wir gemeinsam die Füllung der Wrapes fürs Abendessen aus.
In Runde 2 am Nachmittag ließ sich Anne länger Zeit und gewann sicher im Endspiel. Jetzt hatte auch das Miniopen begonnen (2 Runden am Nachmittag), Timeas erstes Turnier überhaupt. Nervenaufreibend, wenn der ganz junge Gegner einen dann versucht nach weit über 100 Zügen auf Zeit auszudrücken und mehrfach anfragt, ob man nicht aufgeben wolle. Der Schiedsrichter gab die Partie schließlich remis, nachdem ich Ihn auf die 70-Züge-Regel und das Remis bei 5-facher Stellungswiederholung hingewiesen hatte.
Der zweite Turniertag lief für Anne deutlich wackeliger. In Runde 3 sehr gut aus der Eröffnung gekommen, übersah sie einen taktischen Trick. Doch in den folgenden Verwicklungen fand sie sich besser zurecht als ihr Gegner (der in diesem Turnier auch gegen Paula, Laura und Martin spielte) und gewann relativ sicher. Dafür lief die Eröffnung in Runde 4 überhaupt nicht gut. Merkt euch den Namen Lukas Daniel Steger. Er ist 14 Jahre alt, spielt erst seit drei Jahren Schach, hat bereits fast 2000 DWZ/Elo und spielte gegen Anne souverän eine +5-Stellung heraus. Aber so leicht lässt sich eine WIM nicht vom Brett fegen. Anne wehrte sich, verteidigte zäh, stellte Probleme. Als die Bedenkzeit davon lief, ließ der Gegner ein Turmendspiel zu. Und dann fing Anne an zu kneten. Die Mädchen waren schon gegangen (einen großen Stapel Eierkuchen backen) als Anne eine Gewinnstellung mit Turm und Randbauer gegen Turm kreiert hatte. Ganz, ganz stark! Falls der Gegner einmal Großmeister wird, kann Anne (zumindest aktuell) auf eine 3 zu 0 Bilanz gegen ihn verweisen.
Auch alle andern hatten einiges zu bieten: Paula gewann erst knapp gegen Martin und besiegte danach einen 1800er mit Schwarz und dem Opfer einer Qualität und zweier Bauern aus der Eröffnung heraus. Martin konnte dafür gegen Leonore gewinnen, die ihrerseits eine spannende Stellung in Runde 3 mit Aktivität (für einen geopferten Bauern) im Turmendspiel remis gegeben hatte. Hmm… Das war allerdings schon in Runde 2 locker von Marek getoppt worden, der mit vier (!) Mehrbauern im Endspiel wegen ein paar Schachgeboten remis vereinbart hatte. Für Antonin hingegen ist „remis“ ein Fremdwort. Siege und Niederlagen gingen Hand in Hand. Aber er blieb stets über 50%. Auch Mika hatte klammheimlich die 50%-Marke überschritten. Last but not least gewann Timea das erste Mal eine Turnierpartie. Super! Alle hatten schon etwas gezeigt.
Dritter und damit vorletzter Turniertag. Runde 5 am Vormittag, Annes Highlight. Sie übte aus der Eröffnung heraus gegen die Nr. 1 der Setzliste, FM Karsten Schulz, Druck aus. Erneut kam es zu einem Endspiel. Anne spielte ehrgeizig und technisch sauber. Beim Nachspielen wirkte es, als hätte der FM kaum eine Chance gehabt. Mit 5 aus 5 hatte Anne einen vollen Punkt Vorsprung herausgeholt.
Die Nachmittagsrunde 6 ähnelte dafür der vierten Runde. FM Holger Hebbinghaus hatte sich gegen Anne enormen Vorteil erspielt, aber es blieb kompliziert. Die Zeit wurde knapp, es gab keinen klaren Gewinn und Anne hielt stand. Der FM ließ es aber wohlweißlich nicht zu einem Endspiel kommen, sondern nahm die Chance wahr, Remis durch dreifache Stellungswiederholung herbeizuführen.
Tag 3 war auch Lauras Tag. Erst wurde ein 1800er in 101 Zügen besiegt, was fast den Turnierplan torpedierte. Anschließend musste gleich der nächst 1800er dran glauben. Leider ließ Paula in Runde 6 eine wunderschöne Mattkombi mit Springer- und Turmopfer aus – remis. Das schaffte auch Leonore, die ihrer Gegnerin den glatten Mehrturm (es hätte auch eine Mehrdame sein können) einfach zurück schenkte. Dafür gewann Martin gegen einen Spieler mit DWZ 1990 und Timea holte ihren zweiten Sieg. Antonin hüpfte fröhlich auf und ab, Mika spielte leicht unter Erwartung und bei Marek lief es an diesem Tag einfach nicht.
Wie sichert man einen Turniersieg? Man spielt auf Gewinn! Annes Gegner war der einzige, der noch an ihr hätte vorbeiziehen können. Aber nicht heute. Anne hatte sich deutlichen Vorteil erspielt und konnte – ganz abgeklärte Titelträgerin – aus der Position der Stärke heraus remis machen. Alleiniger Turniersieg! Wahnsinn.
Leider stellten Leonore und Marek, jeweils in Gewinnstellung die Dame ein. Bei Marek wurde diese jedoch verschmäht und ein halber Punkt gerettet. Mika gewann eine schöne Partie zum Abschluss. Paula spielte qualitativ hochwertig remis und Timea beendete das Turnier mit einem sauberen Matt. Antonin freute sich über Platz 2 in der u8-Wertung.
An alle, die diesen Artikel lesen: Spielt Turniere zusammen mit Freunden. Spannung, Abenteuer, Verbesserung des eigenen Spiels. Es macht wirklich Spaß, besonders, wenn am Ende jemand den Turniersieg holt.