2. Frauenbundesliga – Glanztaten

von Norman

Letztes Januarwochenende, 2. Frauenbundesliga, Runden 3 und 4, Heimspiel in Chemnitz. Wir konnten zwar keine Liveübertragung bieten, dafür aber ganz kurze Wege für jeden CSC-ler. Und wer – wie ich – die Chance nutzte, den Spirit des Oberhauses zweimal vor Ort zu erleben, wurde reichlich belohnt. Mit inhaltsreichen Stellungen, tollem Schach und Siegen ohne Ende.

Wer die Spannung jetzt nicht mehr aushält und gleich erfahren möchte, wie unsere Heldinnen ge­spielt haben, kann unter https://ergebnisdienst.schachbund.de/bedh.php?liga=fb21 nachsehen.

Wer einen Eindruck von der tollen Atmosphäre vor Ort gewinnen möchte, mag das folgende Foto betrachten.

Danke Susi fürs Einkaufen, Präsentieren und einfach auch fürs vor Ort sein.

In Runde 3 traten wir am Samstag gegen die noch erfolglosen Spielerinnen von TuS Coswig an. So schlecht ist diese Mannschaft aber gar nicht aufgestellt. An vier Brettern lagen wir um deutlich über 100 Elo-Punkte hinten. Nur Anne und Romy waren zahlenmäßig favorisiert.

Punkt 14 Uhr ging es los. Doch Anne fand heute nicht in die Partie. Manchmal gibt’s eben diese Tage, in denen man sich im Nachhinein fragt, was man da auf dem Brett eigentlich gemacht hat. Obwohl es richtig schlecht aussah, hielt Anne den Laden aber irgendwie zusammen, lehnte remis ab und hielt die Partie so lange am Laufen bis klar war, dass heute auch ein Remis reicht. Zum Mannschaftssieg!

Und das, obwohl Romy einen gewaltigen Stellungs- und Zeitvorteil an Brett 5 nicht verwandelte. Im ungleichfarbigen Läuferendspiel war der erbeutet Mehrbauer leider nicht ausreichend. Etwas zu viel Sicherheit, ein Hauch zu wenig schachliche Aggressivität. Romy ist eine richtig starke Schachspielerin, aber eben auch eine ganz liebe und zurückhaltende Person.

Nach Romys Remis musste unsere Gastspielerin Arlene Schubert (vom SC Annaberg-Buchholz) ihrer Zeitnot Tribut zollen. Eigentlich hatte sie an Brett 6 spielend eine spannende Angriffsmöglichkeit. Der Computer weist für Arlene trotz Minusbauer Vorteil aus. Aber die elektronische Uhr wies unbarm­herzig darauf hin, dass jetzt sofort zu ziehen war. Keine Zeit nachzudenken, keine Zeit nach Angriffs­möglichkeiten Ausschau zu halten… und der gegnerische Mehrbauer machte das Rennen. Schade.

Wir lagen hinten, doch Paula hatte sich an Brett 2 das bessere Endspiel erarbeitet, Kathrin konnte an Brett 3 auf zwei solide Mehrbauern im Turmendspiel verweisen, Becky schien an Brett 4 im Damen­endspiel etwas günstiger zu stehen und Anne hatten wir noch in Reserve. Da ging noch was.

Nun, bei Becky wurde es remis…

Aber Paula zog durch. Okay, Paula (mit Weiß) und ihre Gegnerin übersahen, dass Schwarz eine kleine Taktik hatte, nach der die Partie wieder völlig offen gewesen wäre, vielleicht sogar eher kritisch für Paula. Im Gegenzug hätte Paula die Sache aber auch gleich nach der Eröffnung beenden können. Und, so wie Paula Schwarz in die Verteidigung gedrängt hatte, war es für die Gegnerin auch kein Leichtes, an eine positive Wendung der Ereignisse zu Glauben. Alles in allem ein verdienter Sieg.

Und wie war es um Kathrins Technik bestellt? Naja, die Gegnerin mit über 2000 Elo und DWZ wehrte sich. Kathrin schien der Übergang ins gewonnen Bauernendspiel zu riskant. Man rechnet halt nicht mehr so sicher wie in den guten alten Zeiten. Die Gegnerin warf ihren letzten Einpunkter als Freibauern nach vorn. Kathrin schob drei verbundene Richtung gegnerische Grundreihe. Und die waren naturgemäß der Kraft des Einen deutlich überlegen.

Anne musste in ihrer Remisstellung nicht mehr ins Risiko gehen und Kathrin gewann letztlich doch sehr sicher gegen eine starke Gegnerin. 3½ zu 2½ für uns. Zweiter Sieg im Dritten Spiel. In der Tabelle kletterte unsere Mannschaft auf Rang 2. Große Freude, verdientes Lob.

Runde 4 am Sonntag begann bereits um 9 Uhr. Kathrin setzte aus, Becky und Romy rutschten ein Brett hoch und Laura wurde an Brett 5 reingeschoben. Ohne Kathrin vielleicht eine kleine Schwächung? Das sollte das Ergebnis gegen Grün-Weiß Dresden klären.

An Brett 2 und 3 waren die Gegnerinnen deutlich stärker bewertet. Dafür konnten wir an Brett 1 auf Anne verweisen. Die letzten drei Bretter hielten sich ungefähr die Waage.

Der Kampf lief. Und je weiter die Zeit voranschritt, desto klarer wurde Brett für Brett: Alles läuft für uns!

Arlene vermied diesmal jede Zeitnot und holte mit Schwarz ein recht unaufgeregtes Remis gegen eine gefährliche Nachwuchsspielerin.

Laura stand in der frühen Eröffnungsphase sehr gut, musste dann aber nach zwei Unachtsamkeiten zittern. Zum Glück begnügte sich die Gegnerin mit Qualitätsgewinn, statt auf Angriff zu spielen. Der wäre nämlich ziemlich sicher erfolgreich gewesen. Doch kaum hatte der aktive gegnerische Springer zusammen mit Lauras Turm neben dem Brett Platz genommen, konnte Laura ihr starkes Vollzentrum in Szene setzen. Riesige Kompensation für die Qualität. Eigentlich schon eine Gewinnstellung. Die Verwertung gestaltete sich in Zeitnot nicht ganz geradlinig, führte aber zu einem weißen Bauern auf e7 und endete mit 41.Dxh6#. Wir kennen das: Der Lc3 fesselt den vom Tg8 gedeckten Bauern g7 an den Kh8. Schön gesehen.

An Brett 1 und 2 kamen eigentlich nie Zweifel auf. Heute hatte Anne nämlich normal in die Partie gefunden. Eröffnung stark gespielt. Mittels Bauernopfer Druck aufgebaut. Im richtigen Moment auf Angriff umgeschaltet. Und das finale Figurenopfer präzise ausgerechnet. Das in der Endphase dieser Partie (und teilweise auch davor) präsentierte Können lässt mich etwas ehrfürchtig zurück.

Paula hatte einfach dort weiter gemacht, wo sie gestern aufgehört hatte. Richtig gutes Schach spielen! Die Gegnerin wurde mit Schwarz einfach überspielt. War ja nur eine WFM mit DWZ über 2000. Und diesmal wurde auch keine Taktik zugelassen. Phasenweise konnte Paula sogar die Vorführung an Brett 1 noch in den Schatten stellen.

Familie Czäczine war fertig. Der Mannschaftssieg eingetütet. Anne und Paula notieren bei 3½ aus 4. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass dieser Score ohne das notwendige Glück (besonders in der zweiten Runde) nicht erreicht worden wäre. Keine Garantie für die Zukunft also, aber ein sehr erfreulicher Zwischenstand.

Blieben Becky und Romy.

Beckys Partie durfte ich im Anschluss noch kurz mit ihr analysieren. Die Eröffnung lief mit Weiß nicht gut. Die Gegnerin hätte die Partie wohl taktisch entscheiden können. Aber irgendwann kam Becky in Vorteil. Leider ging dieser in Folge einiger schwieriger Entscheidungen wieder verloren. Die Partie kippte zurück. Becky musste ihren Läufer opfern. Das Endspiel Turm und zwei Bauern gegen Turm, Läufer und Bauer war chancenlos. Zumal Beckys König am Rand auf Matt stand. Naja, Becky verteidigte sich und verteidigte sich weiter und weiter und weiter und irgendwann verlor die Gegnerin die Nerven und tauschte die Türme. Da blieb dann aber der falsche Randbauer übrig. Beckys König lief in die Ecke und hielt das chancenlose Endspiel noch remis. Es ist eine ertragreiche Kunst, derart zäh werden zu können und meist ein Charakteristikum enormer Spielstärke.

Den Schlusspunkt setzte Romy. Einmal hatte die Gegnerin remis angeboten. Remis annehmen hätte unumstößlich alle Gefahr gebannt. Es sei im Mannschaftssinne aber wohl besser weiterzuspielen, verlautete es. Also kein Einknicken. Sondern einfach gute Züge machen. Da ging der König bei vollem Schwerfigurensortiment eben höchstselbst nach f7 um einen gegnerischen Bauern zu blockieren. Die gegnerische Dame schielte ihn schon unternehmungslustig von der Seite an. Kam aber einfach nicht ran. Stattdessen pochte Romy auf einen Mehrbauern und die aktiver postierten Türme und schließlich auf den letzten Punkt des Tages. Eine überzeugende Leistung. Weiter so!

Wir hatten mit einem beeindruckenden 5 zu 1 gewonnen. Was für ein Wochenende.

Fazit

Tabellenplatz eins! Im Moment.

Eigentlich sollte das Saisonziel der Nichtabstieg sein. Das ist bei 6 zu 2 Mannschaftspunkten und noch drei ausstehenden Runden jetzt bereits erreicht. Und wenn unsere junge Mannschaft (+ Anne & Kathrin & Susi ) weiter so gut Schach spielt…

Am 16.02. geht es gegen unseren Reisepartner Zeulenroda weiter und zwar wieder bei uns. Nochmal Heimspiel! Und wieder gilt: Kommt unbedingt vorbei, fiebert mit und unterstützt unsere Heldinnen. Die Live-Übertragung der Partien ist wieder nur durch persönliche Inaugenscheinnahme möglich.

Am finalen Wochenende 15./16.03. stehen dann in Zeulenroda die Kämpfe gegen die starken Teams aus Leipzig an (Tabellenplätze 2 und 4). Ich sehe unsere Mannschaft (noch) als schwächer an und tippe auf eine Endplatzierung im Mittelfeld, lass mich aber auch sehr gern eines bessern belehren.

Im Augenblick bin ich einfach ein glücklicher Fan und total stolz auf unsere Frauenmannschaft.
Das habt ihr alle absolut fantastisch gemacht!